Nicht operative Gesellschaften

Im italienischen Steuerrecht gelten Gesellschaften, die ihre wirtschaftliche Tätigkeit nicht regelmäßig oder nicht in ausreichendem Umfang ausüben, als „società di comodo“, also als nicht operative Gesellschaften. Diese Einstufung kann erhebliche steuerliche Konsequenzen nach sich ziehen.

Besonders für ausländische Investoren und Unternehmen mit Betriebsstätte oder Tochtergesellschaft in Italien ist es entscheidend, die Kriterien zu kennen und Risiken frühzeitig zu erkennen.

Ziel der Regelung Die Vorschriften über nicht operative Gesellschaften sollen verhindern, dass Kapitalgesellschaften ausschließlich zu steuerlichen Zwecken bestehen, ohne tatsächlich am wirtschaftlichen Leben teilzunehmen.

In solchen Fällen wird eine Mindestbesteuerung (reddito minimo presunto) angesetzt – auch wenn die Gesellschaft keine oder nur geringe Erträge erzielt.

Was ist eine nicht operative Gesellschaft? Jährlich muss jede Gesellschaft prüfen, ob sie als operativ gilt. Dabei wird ein sogenannter „Operativitätstest“ angewendet:

  • Bestimmung der erzielten Einnahmen (z. B. Umsätze, sonstige betriebliche Erträge);
  • Bestimmung der fiktiven Mindesteinnahmen (ricavi minimi presunti), berechnet durch Anwendung bestimmter Koeffizienten auf ausgewählte Aktivposten (z. B. Immobilien, Beteiligungen, Finanzanlagen)
  • Vergleich: Erreichen die erzielten Einnahmen nicht die Mindestgrenze, gilt die Gesellschaft als nicht operativ.

Beispiel:

Eine Gesellschaft hält Immobilien mit hohem Buchwert, erzielt aber nur geringe Mieteinnahmen. Liegen diese Einnahmen unter der gesetzlich festgelegten Mindestrendite, gilt die Gesellschaft als di comodo.

Neuerungen Mit dem Gesetzesdekret 192/2024 wurden die Kriterien zur Bestimmung der operativen Gesellschaften grundlegend überarbeitet. Ziel der Reform ist es, die bisherigen Schwellenwerte stärker an die aktuelle Wirtschaftslage anzupassen und realistischere Maßstäbe für die Prüfung der operatività zu schaffen.

  • Die Koeffizienten für die Bestimmung der Mindest-Erträge wurden weitgehend halbiert;
  • Auch die Koeffizienten für die Ermittlung des Mindest­besteuerungsbetrags (reddito minimo) wurden gesenkt;

Durch diese Änderungen wird die operative Prüfung (test di operatività) realitätsnäher und weniger streng.

Viele Gesellschaften, die bislang aufgrund unzureichender Erträge formal als di comodo galten, können künftig den Test bestehen und somit die Einstufung als nicht operative Gesellschaft vermeiden.

Betroffene Unternehmen

 

Die Regelung betrifft unter anderem:

  • Kapitalgesellschaften (Srl, Spa, Sapa)
  • Personengesellschaften (Snc, Sas)
  • nicht in Italien ansässige Gesellschaften mit Betriebsstätte in Italien

Das Gesetz sieht verschiedene Ausnahmetatbestände vor, die es ermöglichen, die Anwendung der società di comodo-Regelung zu vermeiden. Diese Ausnahmen müssen in der Steuererklärung (Modello Redditi) begründet und ggf. dokumentiert werden.

Steuerliche Konsequenzen Gesellschaften, die als nicht operativ gelten, unterliegen einer Mindestbesteuerung auf ein fiktives Einkommen (reddito minimo presunto).

Darüber hinaus bestehen folgende Folgen:

  • Pauschal angenommene Zusatzeinkünfte unterliegen einer erhöhten IRES-Besteuerung von +10,5 %.
  • Verluste aus Vorjahren können nicht zur Minderung des steuerpflichtigen Einkommens genutzt werden.
  • MwSt.-Guthaben können nicht erstattet oder verrechnet werden;
  • Die Gesellschaft wird bei der Rückerstattung von Vorsteuerbeträgen oder Steuerguthaben strenger geprüft;
  • Der Zugang zu bestimmten steuerlichen Begünstigungen und Förderungen kann eingeschränkt sein.

Praxishinweis: Unternehmer sollten frühzeitig prüfen, ob ihre Gesellschaft die Kriterien für operative Tätigkeit erfüllt, um die genannten Konsequenzen zu vermeiden. Eine strukturierte Dokumentation und gegebenenfalls Anpassungen der Geschäftstätigkeit können helfen, die Einstufung als società di comodo zu verhindern.

Relevanz für ausländische Gesellschaften

 

Auch ausländische Unternehmen mit Sitz oder Betriebsstätte in Italien können von der Regelung betroffen sein.

Dies gilt insbesondere, wenn Immobilien, Beteiligungen oder Vermögenswerte in Italien gehalten werden, ohne dass daraus regelmäßig Erträge erzielt werden.

Eine frühzeitige steuerliche Prüfung hilft, Risiken einer Klassifizierung als società di comodo zu vermeiden – beispielsweise durch:

  • Überprüfung der Ertragslage und Bilanzstruktur;
  • Dokumentation wirtschaftlicher Gründe für eventuelle Abweichungen; oder
  • die rechtzeitige Anpassung der Geschäftstätigkeit.
Fazit Die Einstufung als società di comodo ist weit mehr als ein formaler Verwaltungsakt – sie kann erhebliche steuerliche Konsequenzen haben, von der Mindestbesteuerung über eingeschränkte Verlustvorträge bis hin zu strengeren Prüfungen durch die Steuerbehörden.

Unternehmer, insbesondere ausländische Investoren oder Gesellschaften mit italienischer Betriebsstätte, sollten die jährliche operative Prüfung ernst nehmen und ihre Gesellschaftsstruktur regelmäßig analysieren. Dabei lohnt es sich, bereits im Vorfeld Maßnahmen zu ergreifen, um die Einstufung als nicht operative Gesellschaft zu vermeiden oder Ausnahmeregelungen geltend zu machen.